
unterstützt lernlog seit 2021 in ihrer Funktion als
Lehrerin an der Gesamtschule in Gescher
Moderner Unterricht funktioniert genau so!
Wie setzt ihr lernlog bei euch in der Schule ein?
Das Hauptkonzept unserer Schule ist das selbstgesteuerte Lernen. In der Unterstufe nutzen die Schüler*innen analoge Logbücher. In der 8 bis 10 gehen sie dann in den drei Hauptfächern Englisch, Deutsch und Mathe in Lernbüros. Auch da wird über analoge Logbücher dokumentiert. Am Ende der Woche gucken Klassenlehrer oder -lehrerin die Logbücher durch und geben Rückmeldung, gleichzeitig schätzen die Schüler*innen sich selbst ein. In der Oberstufe haben wir die Lernbüros auf fast alle Fächer ausgeweitet, unabhängig davon, ob Grundkurs oder Leistungskurs. Hier organisieren die Schüler*innen über lernlog, an welchem Tag sie in welches Lernbüro gehen. Es gibt im Normalfall mehr Lernbüros, als sie besuchen müssen. So haben sie einen Gestaltungsspielraum und können ihren Stundenplan über lernlog mitgestalten und steuern. Momentan benutzen wir lernlog also nur in der Oberstufe, weil alle anderen noch nicht voll ausgestattet sind mit Geräten. Aber in der Oberstufe haben wir das komplett digitalisiert. Die Schüler wollten ein digitales Logbuch!
Die Schüler*innen nutzen lernlog auf ihren eigenen iPads?
Genau. Die Anschaffung eines iPads ist bei uns Voraussetzung, das ist allen bekannt. Dafür gibt es unterschiedliche Modelle der Anschaffung und Finanzierung. In der Schule sind die Geräte bis 15:30 Uhr von der Stadt administriert, damit wir bestimmte Anwendungen sperren können, die wir in der Schule nicht haben wollen. Nach der Schule wird es von der Stadt abgekoppelt und dann haben sie ihr eigenes iPad. Diese iPads sind natürlich auch für später nützlich, wenn sie ins Studium oder in den Beruf gehen.
Wie lange arbeitet ihr schon mit lernlog und wie seid ihr dazu gekommen?
Wir sind jetzt im vierten Jahr. Als ich eine Beförderungsstelle für das selbstgesteuerte Lernen in der Oberstufe bekommen habe, habe ich mit meinem Kurs verschiedene Systeme getestet. lernlog war damals noch ganz neu und ein bisschen rudimentär, aber wir haben es als Chance gesehen, das so mitzuentwickeln, wie wir es brauchen. Genau das passiert jetzt auch. Das ist toll, wir können jederzeit etwas zurückmelden, was uns fehlt. Natürlich geht nicht alles sofort, aber es ist ein guter Prozess. Auch unsere Lernbüros sind nicht fertig. Wir arbeiten weiter daran und evaluieren es. Das macht die Qualität aus. Auch das Lernen ist nie fertig. Deswegen passt es gut zusammen.
Was haben die Schüler*innen davon?
Die Schüler*innen wollten eine digitale Lösung und das kann ich gut nachvollziehen. Bis dahin haben wir die Lernpfade für die Schüler*innen angelegt und dann als PDF ausgegeben. Wenn ein*e Lehrer*in ggf. noch einmal etwas verändert hat, zum Beispiel, weil eine Woche kein Unterricht stattgefunden hat, gab es die nächste PDF. Am Ende konnte es vorkommen, dass die Schüler*innen sechs PDFs hatten und gar nicht mehr wussten, was jetzt aktuell ist. Im lernlog können wir die Lernpfade anlegen und jederzeit verändern. Zum Beispiel, wenn ich das Gefühl habe, dass etwas nicht so funktioniert hat, wie gedacht, oder wenn ich krank war. Dann passe ich es in lernlog an und es ist direkt bei den Schüler*innen – eine enorme Erleichterung für alle Seiten. Anstatt einer Vielzahl von PDFs für mehrere Fächer ist nun alles an einem Ort und für alle transparent. Auch, wenn Schüler*innen mal fehlen, wissen sie jederzeit genau, was gelaufen ist, welche Aufgaben bearbeitet wurden etc. Und wenn ich nicht da bin, können sie trotzdem weiterarbeiten. Alle Materialien sind in IServ hinterlegt, in lernlog verlinkt und sobald neue Materialien vorhanden sind, kann jeder darauf zugreifen. Es ist sehr praktisch.
Hast du den Eindruck, dass bestimmte Kompetenzen durch das selbstgesteuerte Lernen mit lernlog besonders gefördert werden?
Auf jeden Fall. Das ist auch die Rückmeldung von den Schüler*innen. Ich habe einen Schüler, der in meinem ersten Leistungskurs war und jetzt an der TU in Aachen ist. Der hat an der Uni davon profitiert, dass er es bereits gewohnt war, sich selbst zu organisieren. Bei uns ist es ja im Kleinen so ähnlich wie an der Uni, wenn man anfängt, sich die Kurse und Stundenpläne zusammenzubauen. Die Eigenverantwortung spielt dabei eine große Rolle. Es gibt keine Ausreden, jeder hat alle Materialien zur Hand und kann auch selbstständig um Feedback oder Unterstützung bitten. Die Lehrkraft muss auch nicht mehr zwangsläufig komplett vor Ort sein, sie können jederzeit selbstständig und eigenverantwortlich lernen. Das ist bei uns de facto auch so. Sie sind im Lernbüro auch nicht von mir als Fachlehrerin abhängig, sie können zu jedem anderen englischen Fachlehrer auch gehen. Sie sitzen da, machen meine Aufgaben, aber wenn sie eine Frage haben, könnten das andere auch beantworten.
Das heißt ihr arbeitet damit auch im Team?
Wir arbeiten immer schon im Team, auch in der unter-und Mittelstufe. Über lernlog geht es super, weil wir uns die Lernpfade gegenseitig freigeben können und daran kooperativ arbeiten können. Die kommen dann nachher in den Pool und jeder kann darauf zugreifen. Wir haben mittlerweile schon einen ganz ordentlichen Pool und jede*r, der oder die anfängt, im nächsten Schuljahr zu unterrichten, kann zumindest mal draufschauen: Was haben die im letzten Jahr in Englisch im Leistungskurs gemacht? Will ich das genauso machen? Will ich etwas abändern? Im Leistungskurs – wir haben eine kleine Oberstufe – ist es meistens so, dass es nur ein Kurs ist, aber bei den Grundkursen können die Kolleg*innen auch beide an den Lernpfaden arbeiten.
Arbeiten bei euch alle Kolleg*innen mit lernlog?
Genau. Wir haben die Entscheidung durch alle Gremien laufen lassen und dort ist es so verabschiedet worden. Vorher haben wir es einmal evaluiert. Letztlich gibt es für uns auch kein Zurück. Keiner möchte, dass wir zurück zum Analogen gehen. Natürlich kommt es auch mal vor, dass Kolleg*innen keinen Lernpfad einstellen, da arbeiten wir gerade dran. Und wir arbeiten an mehr Einheitlichkeit bei den Fächern. Die Schüler*innen wünschen sich ihre Lernpfade einheitlich, aber es gibt dazu unterschiedliche Ansichten, zum Beispiel zwischen den Naturwissenschaften und den Fremdsprachen.
Worin unterscheidet sich das?
Die Schüler*innen hätten gerne etwas, das komplett gleich aufgebaut ist und gleich aussieht. Die naturwissenschaftlichen Fächer machen es aber etwas anders. Ich kann das nicht richtig nachvollziehen, weil ich keine Naturwissenschaftlerin bin, aber da sind wir dabei, einen gemeinsamen Konsens zu finden. Das ist normal. Es kommen ja auch immer wieder neue Leute ins System. Manche müssen sich dann erst damit anfreunden, dass die Kinder so frei arbeiten. Auf der anderen Seite denke ich: Moderner Unterricht funktioniert eben genau so! Und immerhin ist es bei uns die ganz Oberstufe mit knapp 150 Schüler*innen und ungefähr 45 Kolleg*innen, die es nutzen, und zwar permanent.
Bei euch findet die Transformation also aktuell schon statt.
Ja, bei uns zweifelt es tatsächlich auch keiner mehr wirklich an. Man sieht, was für die Schüler*innen am Ende herauskommt, diese Selbstständigkeit und diese Eigenverantwortlichkeit. Es wird ja immer bemängelt, was Schüler*innen heute alles nicht können, wenn sie aus der Schule kommen, weil sie so unselbstständig sind. Man kann immer noch mehr können, aber es ist genau das, was sie nachher dazu befähigt, selbstständig zu arbeiten und in der Arbeit zurechtzukommen. Wir fahren als Nächstes eine Pulsar-Woche, die wir auch über lernlog abbilden. Das habe ich gerade vorbereitet. Das ist genau dieses „agile Lernen“, das nachher gewünscht ist, wenn sie rausgehen in die Arbeitswelt. Und das kann man mit lernlog einfach gut vorbereiten. Natürlich geht so etwas wie agiles Lernen noch weiter, aber irgendwo muss man anfangen. Es ist für die Schüler*innen ein großes Plus, wenn sie solche Arbeitsweisen kennenlernen und nachvollziehen können, weil es das ist, was sie vorfinden, wenn sie irgendwann in die freie Wirtschaft gehen. Dass unsere Schüler*innen in vielen Punkten selbst verantwortlich sind, ist eine „überfachliche“ Kompetenz, die nur hilfreich sein kann.
Was finden die Schüler*innen an lernlog gut?
Die, die das jetzt nutzen, arbeiten ja immer schon so. Der erste Jahrgang empfand es als große Errungenschaft, dass alles digital ist. Es gibt nicht mehr diese Zettelwirtschaft, man kann nichts mehr verlieren. Jetzt ist es einfach kompakt und übersichtlich, man kann so viel damit machen. Das Organisieren fällt dadurch leichter. Aber es liegt natürlich auch an der Person. Man kann immer etwas finden, was man kritisieren will. Oder was man am Lernen an sich anstrengend findet. Aber das ist unabhängig von lernlog so.
Wie finden die Eltern das Lernen mit lernlog?
Die Eltern tragen das mit. Die Entscheidung ging durch die Schulkonkurrenz und die Eltern haben das mit abgestimmt. Dadurch, dass es die Oberstufe ist, kriegen wir natürlich nicht ganz so viel Rückmeldung von den Eltern. Aber insgesamt habe ich das Gefühl, dass sie das, was wir versuchen für die Schüler zu schaffen, das System, die Mittel und die Tools, gut finden. Bei der Abstimmung hat keiner gesagt: „Wir möchten lieber die klassische Variante.“
Könnte es auch ein Grund sein, sich für so eine Schule zu entscheiden, weil es eine moderne Art von Unterricht gibt?
Sicher gibt es Leute, die sagen: „Das ist der bessere Weg für mein Kind, zu arbeiten“. Gerade in der Oberstufe ist es bei uns dadurch sehr betreut. Und lernlog schafft auch eine extreme Transparenz und Übersicht für alle Beteiligten. Das ist vielleicht an anderen Schulen nicht so gegeben, weil vieles im Unterricht gesagt wird, entweder man merkt es sich oder schreibt es auf. Bei uns ist für jeden ersichtlich, was wann läuft. Das gibt eine gewisse Struktur und macht es an vielen Stellen einfacher.
Hast du den Eindruck, dass ihr bestimmte Schüler*innen erreicht, die sich sonst eher zurückziehen? Könnt ihr auf diese Schüler*innen individueller reagieren?
Für die, die zurückhaltender sind, ist es eine Chance, weil sie ihre Ergebnisse nach den Lernbüros hochladen und etwas zeigen können. Unabhängig davon, wie oft sich jemand meldet, fließt das auch in meine Bewertung ein, weil es ja Teil meines Unterrichts ist. Ich sage immer: Ihr müsst euch melden! Aber es gibt einfach Menschen, die nicht so sind. Die haben nun die Chance, zu zeigen, was sie können, ohne dass sie sich melden müssen. Es ist eine zusätzliche Möglichkeit, anders Leistung zu zeigen als nur im klassischen Unterricht. Insofern ist das eine gute Sache. Es macht eine weitere Facette von Unterricht auf, wo man zeigen kann, was man kann.
Wie bringt ihr euch in die Weiterentwicklung von lernlog mit ein?
Wir haben schon ganz viele Sachen eingebracht. Zum Beispiel haben wir uns am Anfang gewünscht, dass man auch etwas ausdrucken kann. Das ist alles umgesetzt worden. Aktuell geht es vor allen Dingen darum, die Oberstufe voranzubringen, weil das Tool im Moment noch etwas Sek-I-lastig ist. Wir haben bei den Community Days letzte Woche ganz viel über die Oberstufe gesprochen und haben zusammen auch coole Ideen gehabt. Es bringt sehr viel, wenn man mit Leuten zusammensitzt, die ähnlich arbeiten – und es waren auch die Entwickler dabei! Es sind ganz viele Dinge schon eingeflossen, nicht nur auf unsere Initiative allein, sondern durch das, was man gemeinsam erarbeitet. Bei allem, was mit Oberstufe zu tun hat, kommt tatsächlich viel von uns, weil wir die sind, die es in der Oberstufe exzessiv nutzen. Man merkt, es passiert etwas. Es kommen Neuerungen, die wir uns gewünscht haben, die für uns gut sind. Ich habe sehr das Gefühl, dass man gehört wird und dass dann auch in die Richtung gedacht wird.
Warum würdest du lernlog anderen Schulen empfehlen?
Ich bin der Überzeugung, dass Schule so, wie sie klassisch war und an vielen Stellen noch ist, nicht mehr funktioniert. Wenn man sieht, was hinten herauskommt, kann keiner ernsthaft sagen, das muss so bleiben. Schule muss sich auf den Weg machen. Ob das unser Weg ist oder was „der richtige“ Weg ist, weiß ich nicht. Aber wir können nicht einfach immer so weitermachen. Es ist wichtig, dass einige sich auf den Weg machen und sagen: Wir versuchen das jetzt. Wir versuchen es, evaluieren es, und wenn wir feststellen, dass etwas nicht funktioniert, dann passen wir es an. Das ist der einzige Weg, wie man Schule transformieren kann. Insofern würde ich allen raten, sich auf den Weg zu machen. Man kann auch kleine Schritte gehen, es kann nie schaden. Es kann nur etwas Positives dabei herauskommen. Wenn ich höre, „wir machen es so, weil wir es immer so gemacht haben“, denke ich: Nein, Sorry. Bei dem Argument bin ich raus.
Gibt es noch irgendetwas, was du loswerden willst?
Ein großes Lob an das lernlog-Team! Wenn man ein Problem hat, schreibt man ihnen und man bekommt sofort eine Resonanz. Es macht einfach Spaß, mit Leuten zu arbeiten, die Schule voranbringen wollen, und zu sehen, wie es sich entwickelt!